ensemble masoch
masoch - eine rituelle rezitation
von Gerhard Rühm für 12 SprecherInnen
Hartmut Andres (Ignatius), Rainer Bittner (Durchsage), Theresa Buschmann (Wanda/Leitung),
Stefanie Fehling, Renate Fresow, Ute Hauswaldt, Krista Maria Kern, Rudolf Klemisch, Ralf-Werner Kopp,
Clemens Meier, Elke Ullrich, Talib Richard Vogl (Leopold), Ingunn Wittkopf (Musikdramaturgie/Technik),
Jochen Zietlow
Was haben der spanische Heilige und Stifter des Jesuitenordens Ignatius von Loyola und Leopold von Sacher-Masoch, Verfasser des
erotischen Romans „Venus im Pelz“ und unfreiwilliger Namensgeber des sexual-pathologischen Terminus „Masochismus“, gemeinsam?
„Mach Du mit mir, was Dir gefällt“: Diese jesuitische Gebetszeile könnte das Motto für das Werk „Masoch“ des Wiener Autors und
Komponisten Gerhard Rühm sein, das zur Eröffnung der Ausstellung „Macht Leder Lust“ im Ledermuseum Offenbach am 25. April 2008
zur Aufführung kam. Weitere Aufführungen fanden im Rahmen der Offenbacher Kunstansichten September 2008 statt.
Der experimentelle Sprach- und Tonkünstler Gerhard Rühm montiert in seinem Text „Masoch“, der als Betrag zum Sacher-Masoch-Festival
der Kulturhauptstadt Graz 2003 entstanden ist, auf provozierende Weise die Obsessionen von historischen Figuren aus unterschiedlichsten
Zeiten und Kontexten. Autobiographisches und Glaubensgrundsätze des Ignatius von Loyola treffen in diesem sogenannten „anekdotischen Psychogramm“
auf Lebenserinnerungen von Leopold von Sacher-Masoch und dessen Ehefrau Wanda. Gemeinsam ist diesen Bekenntnissen der zwanghafte Wunsch nach
einer Lust, die sich aus Leid und Schmerzen speist. Beide Männer unterwerfen sich in ihrem sklavischen Verhalten einer angebeteten Herrin:
Ignatius widmet sein Leben der Jungfrau Maria und hofft der „Schutzmantelmadonna“ durch strenge Bußübungen nahe zu sein, Leopold geht in
seiner Beziehung zur strafend distanzierten Wanda auf, seiner „Venus im Pelz“.
Seinen Text bezeichnet Rühm selbst als „rituelle Rezitation“, mit seiner spezifischen Form der Sprachbehandlung bewegt er sich auf der
Grenze zwischen Sprache und Musik. Frei vorgetragene Prosatexte sind im Wechsel mit rhythmisiert gesprochenen Passagen angeordnet.
Als besondere Ausdrucksweise bedient sich Rühm der Glossolalie, einer Form des ekstatischen Sprechens, das als „Zungenrede“ bereits aus
dem Pfingstwunder des Neuen Testaments bekannt ist. Dass Genuss, Lust, Gnade und Schmerz keine abstrakten Begriffe bleiben, dafür sorgt
diese Art des sprechend Musizierens, das die Themen des Textes sinnlich hör- und erfahrbar macht.
Unter der Leitung von Theresa Buschmann agieren in dieser konzertanten Aufführung von „Masoch“ 12 Sprecherinnen und Sprecher, die eigens
für dieses Projekt zusammengefunden haben.